Das Jahr 1847 markiert den Beginn der Bahnverbindung zwischen Hannover und Bielefeld. Vor allem im 19. Jahrhundert ist die Geschichte geprägt vom industriellen Aufschwung und wachsender Vernetzung durch mehr Mobilität. Im 20. Jahrhundert beeinflussen besonders die beiden Weltkriege sowie technische Neuerungen die Streckenentwicklung.
Zu Beginn der 2000er Jahre verstärken sich die Bemühungen zur Optimierung der Bahnverbindung. Gleichzeitig entsteht jedoch auch Widerstand in Teilen der Bevölkerung gegen einen möglichen Streckenneubau, der bis heute anhält. 2020 wird schließlich das Bahnprojekt Hannover–Bielefeld gestartet.
Das Bahnprojekt ist eines der zentralen Vorhaben für den Deutschlandtakt , für die Verkehrswende und für mehr Klimaschutz. Die Chronik bietet einen Überblick von den Anfängen der Bahnstrecke bis in die Gegenwart:
Chronik von 1847 bis heute
Am 15. Oktober 1847 eröffnet die Königlich Hannöversche Staatseisenbahn die Strecke zwischen Hannover und Minden. Bereits 1842 war die sogenannte Eisenbahn Commission gegründet worden, die das Vorhaben einer Bahnverbindung von Lehrte über Hannover nach Minden umsetzen sollte. Durch die Streckeneröffnung gibt es nun eine durchgehende Eisebahnverbindung zwischen Köln und Berlin.
Ab dem 1. Mai 1851 fahren Schnell- später auch sogenannte Courierzüge auf der Strecke zwischen Köln und Berlin. Für die insgesamt 635 Kilometer benötigen die Schnellzüge 16, die größtenteils nachts verkehrenden Courierzüge sogar nur 14,5 Stunden.
Am 15. Dezember 1866 geht die Königlich Hannöversche Staatseisenbahn ins preußische Staatseigentum über und wird in die Preußische Staatseisenbahn eingegliedert. Die Verwaltung übernimmt fortan die Eisenbahndirektion Hannover.
Ab 1909 erfolgt der viergleisige Ausbau des Streckenabschnitts Minden–Hamm, der 1916 trotz des inzwischen ausgebrochenen Ersten Weltkriegs abgeschlossen wird. Dem Ausbau der Bahnstrecke wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem aus militärischen Gründen große Bedeutung beigemessen.
1918 endet der Erste Weltkrieg mit der Niederlage des Deutschen Kaiserreichs. Bis zum Beginn der 1920er Jahre unterbinden die Alliierten einen weiteren Ausbau auf dem Abschnitt Minden–Wunstorf, um Mobilisierungsbestrebungen Deutschlands für einen potenziellen neuen Kriegsfall einzuschränken.
1929 wird der Um- und Ausbau des Bahnknotenpunkts Hamm abgeschlossen. Die Arbeiten hatten bereits 1911 begonnen und konnten auch während des Ersten Weltkriegs fortgesetzt werden. Der Rangierbahnhof von Hamm zählt anschließend zu den größten in Europa.
Ab 1933 errichten die Nationalsozialisten in Deutschland eine Diktatur. Die Deutsche Reichsbahn wird in diesem Prozess gleichgeschaltet und die Eisenbahn vollständig in den nationalsozialistischen Staat integriert.
1935 wird die Strecke zwischen Köln und Berlin mithilfe eines Dieselschnelltriebwagens mit 160 km/h bedient. Für den Abschnitt Hamm–Hannover benötigen Reisende nun ohne Halt eine Stunde und 25 Minuten. Damit zählt die Zugverbindung (Hamm–Hannover) zu den schnellsten Deutschlands.
1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Für diesen Zeitraum und auch für die Nachkriegszeit ab 1945 liegen kaum Informationen zur Entwicklung der Strecke Hannover–Bielefeld vor.
Im September 1966 beginnt die Elektrifizierung der Bahnstrecke Hannover–Hamm. Die Firmen AEG, Siemens-Schuckert und BBC werden auf drei jeweils zugewiesenen Streckenabschnitten mit den Elektrifizierungsarbeiten beauftragt.
In den 1970er Jahren wird der Wiederaufbau des deutschen Schienennetzes nach dem Zweiten Weltkrieg weiter vorangetrieben. 1971 wird das IC-System eingeführt und der Streckenabschnitt Hannover–Hamm von der Linie Hannover–Köln–Würzburg–München bedient. 1973 sieht der erste Bundesverkehrswegeplan der Bundesrepublik Deutschland einen Ausbau des Streckenabschnitts Dortmund–Hannover vor. Dieser soll bis spätestens 1975 anlaufen.
In den 1980er Jahren ermöglicht die Einführung der Linienzugbeeinflussung Tempo 200 für die Streckenabschnitte Heessen–Brackwede (1980), Bückeburg–Haste (1984) und Wunstorf–Seelze (1985).
1999 veröffentlicht die DB Netz das Konzept "Netz 21". Das Strategiepapier sieht neben der Realisierung von Neu- und Ausbaustrecken insbesondere die Optimierung des Bestandsnetzes vor und soll auch auf den Korridor Hannover–Hamm angewendet werden.
2002 beginnt die Planung zusätzlicher Gleise von Hannover nach Nordrhein-Westfalen durch die Deutsche Bahn. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich noch im selben Jahr Bürger:innen in ersten Aktionsbündnissen gegen das Vorhaben zusammenschließen.
2003 bemüht sich die Politik, die Höherstufung des Vorhabens in den „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans zu erreichen.
2004 beschließen Bundestag und Bundesrat das erste Gesetz zur Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes. Im Gesetz wird der trassennahe Ausbau festgelegt. Der Bahn AG stehen vom Bund für das Jahr 2004 allerdings schon keine Mittel mehr für eine mögliche Planungsfeststellung zur Verfügung. Darüber hinaus ist auch die zukünftige Finanzierung für einen trassennahen Ausbau nicht gesichert.
2006 ergibt eine Anfrage an den Bundestag, dass „angesichts der gesetzten vorrangigen Prioritäten und der knappen verfügbaren Haushaltsmittel“ keine Möglichkeiten für eine Umsetzung des Vorhabens bis zum Jahr 2010 bestehe. Auch im Investitionsrahmenplan 2006-2010 wird das Vorhaben nicht berücksichtigt.
2010 wird der Streckenausbau infolge einer Bedarfsplanprüfung zum Bundesverkehrsplan als unwirtschaftlich eingestuft. Stattdessen soll die Strecke Löhne–Elze–Braunschweig für den Güterverkehr ausgebaut werden.
2012 nimmt das Land Nordrhein-Westfalen das Vorhaben "Ausbaustrecke / Neubaustrecke Seelze–Wunstorf–Minden" in seine Maßnahmenvorschläge der Länderbeteiligung auf. Diese werden damals für den für 2016 vorgesehenen Bundesverkehrswegeplan eingeholt. Im selben Jahr wird der Streckenabschnitt Wunstorf–Minden von der DB Netz zum „überlasteten Schienenweg“ erklärt. Trotz erhöhter Nachfrage können keine weiteren Züge auf der Strecke fahren.
2016 soll der Schienenengpass zwischen Wunstorf und Minden beseitigt und die Fahrtzeit zwischen Hannover und Bielefeld verkürzt werden. Der Bundesverkehrswegeplan 2030 wird verabschiedet und enthält eine Neu- oder Ausbaustrecke zwischen Hannover und Bielefeld. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass weitere Bürgerinitiativen gegründet werden. Das Bundesverkehrsministerium reagiert und kündigt ein Dialogforum an.
2018 veröffentlicht das Bundesverkehrsministerium den Fahrplanentwurf für den Deutschlandtakt. Zusätzlich wird das Gesetz zu Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich erlassen.
2020 startet die DB Netz das Bahnprojekt Hannover–Bielefeld. Die Grundlage hierfür ist der Nachweis der Wirtschaftlichkeit für eine Fahrtzeit von 31 Minuten.
2021 startet der Planungsdialog zum Projekt Hannover–Bielefeld mit 120 Interessengruppen und politischen Vertretungen der Region.
2022 bestätigt der Abschlussbericht die Wirtschaftlichkeit des Deutschlandtakts. Als Folge dessen steigt der Deutschlandtakt in den vordringlichen Bedarf des Bundesschienenwegeausbaugesetzes auf.
2023 veröffentlicht die Bahn Fahrzeit-Korridore, in denen die Planungsprämisse 31 Minuten Fahrzeit für Hannover–Bielefeld erreicht werden kann. Das Projekt bleibt weiterhin kontrovers. Einige befürworten Neubauanteile für den Deutschlandtakt. Andere fordern ausschließlich den trassennahen Ausbau und eine Abkehr vom letzten Entwurf des Deutschlandtakts.
Am 24. November 2023 nehmen Bundesrat und Bundestag das sogenannte Genehmigungsbeschleunigungsgesetz an. Dieses soll dazu beitragen, die Planungs- und Genehmigungsverfahren wichtiger Infrastrukturprojekte zu erleichtern und schneller voranzutreiben. Damit sind nun alle Maßnahmen gesetzlich festgeschrieben, die zur Realisierung des Deutschlandtakts notwendig sind.